Christin Engel, M.Sc.

Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Prof. Mensch-Computer Interaktion und stellv. Gleichstellungsbeauftragte der Fakultät Informatik

Liebe Webseitennutz:innen, liebe Interessierte,

ich möchte Sie herzlich willkommen heißen und freue mich, dass Sie auf unser Projekt „Um die Geschlechter werben“ und die dazugehörige Webseite aufmerksam geworden sind.

Repräsentationen von  Menschen in Medien sind häufig mit diskriminierenden Vorstellungen verbunden. Dabei können bildhafte Inszenierungen zum Beispiel sexistisch sein, indem sie Stereotype reproduzieren oder die abgebildete Person sexualisieren. Diskriminierende Darstellungen werden auch häufig von Menschen mit Beeinträchtigungen unterbewusst verwendet. Während die geschlechtergerechte und diskriminierungsfreie Verwendung von Sprache schon längst in der Öffentlichkeit diskutiert werden, wird die Wirkung von Bildern und medialen Inhalten bisher nur am Rande thematisiert.

Als Medieninformatikerin und Wissenschaftlerin weiß ich, dass Personen, die Medien gestalten, selten Berührungspunkte mit Aspekten der Gleichstellung und der Diskriminierung haben. So geht beispielsweise das Standard-Curriculum des Medieninformatikstudiums selten auf ethische Aspekte von Medien ein. Zwar werden technische und wahrnehmungstheoretische Grundlagen vermittelt, soziologische Aspekte bleiben hingegen aus und vor. Interdisziplinäre Arbeiten sind deshalb besonders wichtig, weil die Gruppe der Entwickler:innen und Gestalter:innen, die sich insbesondere aus der Informatik und Medieninformatik hervortut, immer noch stark männerdominiert ist. Dies zeichnet sich bereits anhand der Geschlechterverteilung unter den Studierenden ab, bei der als weiblich identifizierte Personen mit weniger als einem Fünftel deutlich unterrepräsentiert sind (vgl. Statistischer Jahresbericht TUD 2018). Ein Bewusstsein für die Repräsentation von Geschlechtern in medialen Kontexten, sollte daher auch in ingenieurwissenschaftlichen Bereichen verankert werden.

In meinem Forschungsgebiet der Mensch-Computer-Interaktion entwickle und teste ich Anwendungen und Medien mit Blick auf deren Barrierefreiheit und entwickle assistive Technologien für Menschen mit Beeinträchtigungen. Dabei beschäftige ich mich im Besonderen damit, wie visuelle und mediale Inhalte barrierefrei gestaltet werden können. Im Fall von Menschen mit Blindheit oder Sehbeeinträchtigung sollen Bildbeschreibungen den Inhalt von Bildern sowie relevanter Objekte möglichst neutral wiedergeben. Autor:innen von Bildbeschreibungen müssen demnach ihre eigenen stereotypen Vorstellungen erkennen und reflektieren können, und anschließend eine möglichst wertungsfreie Beschreibung generieren, bei der sie entscheiden müssen, welche Merkmale eines Bildes relevant sind. Dies lässt sich sehr gut anhand der zahlreichen, auf dieser Webseite unter „Werbebilder“ repräsentierten Plakate, zeigen. Wie anhand der zur Verfügung gestellten Interpretationen nachvollzogen werden kann,  implizieren häufig vermeintlich unwichtige Details eines Bildes, wie beispielsweise Kleidung oder Posen, Hierarchien oder. Das Wissen über derartige Bewertungsschemata ist eine Grundvoraussetzung, um passende Bildbeschreibungen anfertigen zu können. Darüber hinaus können weitere Bereiche der Informatik, wie beispielsweise die künstliche Intelligenz, von den Erkenntnissen der Soziologie profitieren. Kurz gefasst: Die Wichtigkeit der Integration soziologischer Perspektiven in den ingenieurwissenschaftlichen Bereich sowie der interdisziplinären Zusammenarbeit soll anhand der aufgeführten Berührungspunkte betont werden.

Vor diesem Hintergrund ist es uns auch bei der Gestaltung dieser Webseite ein großes Anliegen, die hier präsentierten medialen Inhalte so zugänglich wie möglich zu gestalten. Dafür stellen wir nicht nur Videos mit Untertiteln bereit. Neben den Interpretationen der Werbebilder können Sie darüber hinaus auch auf eine Bildbeschreibung derselben zugreifen, die jeweils beim Anwählen eines Bildes bereitgestellt wird.

Das Projekt „Um die Geschlechter werben“ zeigt eindrücklich verschiedene Perspektiven auf mediale Inhalte und leistet somit einen Beitrag dazu, sich seiner eigenen Stereotype bewusst zu werden, was schlussendlich zum Abbau dieser beitragen kann, um deren Reproduktion auch in eigenen medialen Darstellung zu vermeiden. Auf diese Weise kann das Ziel, Wertschätzung und Gleichberechtigung sowie eine realistische Darstellung unserer heterogenen Gesellschaft auch mit der Bildsprache zu vermitteln, näher gekommen werden.

In diesem Sinne wünschen ich Ihnen großen Erkenntnisreichtum beim Konsumieren dieser Webseite. Wir möchten Sie mit unserer Webseite dazu einladen, Werbeplakate aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

Christin Engel