Erkennst du sexistische Werbung?

Haben Sie sich vielleicht schon mal gefragt, ob Sie in Ihrem Alltag ihre Mitmenschen mit klischeehaften Erwartungen wahrnehmen und bewerten? Möchten Sie überprüfen, inwiefern Sie in der Lage sind, hierarchisierende Geschlechterdarstellungen im öffentlichen Raum zu erkennen? Wenn ja, können Sie gerne unser kleines Quiz durchführen! Diese Fragen und Antworten sollen es Ihnen einfacher machen, alltägliche Situationen im Hinblick auf Sexismus beziehungsweise Geschlechterstereotype einzuordnen. 

Überlegen Sie sich zunächst Ihre Antwort auf die jeweilige Frage. Anschließend können Sie sich durch Klicken auf den Button unter der Frage die entsprechende Erläuterung anzeigen lassen. Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Frage-Antwort-Runde!

Frage 1: Werden Genderstereotype reproduziert, wenn nackte Körper in einer Werbung für Hygiene-Produkte dargestellt werden?

Kommentar: Nein, nicht unbedingt. Entsprechend dem Deutschen Werberat ist „zu berücksichtigen, ob zwischen der Abbildung des menschlichen Körpers und dem Produkt /der Dienstleistung ein gesellschaftlich akzeptabler, nicht diskriminierender oder herabwürdigender Zusammenhang besteht“. Bei Hygiene-Produkten ist die Nacktheit in vielen Fällen ein nachvollziehbarer Zustand in der Darstellung. Die Stuttgarter Hochschule für Medien hat bei der Auswertung von 560 Werbespots jedoch festgestellt, dass darin jede dritte Frau freizügig oder bei provozierenden bzw. verführerischen Gesten gezeigt wird. Dies wurde in keiner ähnlichen Weise bei Werbebildern von an Männer adressierten Hygiene-Produkten beobachtet.

Quellen

Deutscher Werberat (2014). Verhaltensregeln des Deutschen Werberats gegen Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen. Verfügbar unter:
https://www.werberat.de/werbekodex/herabwuerdigung-diskriminierung (18.11.2021, 19:35 Uhr)

Baetzgen, Andreas & Leute, Hannah (2017). Die Darstellung der Frau in der Werbung – Auszug. Ein Vergleich der Jahre 1996 und 2016. Stuttgart: Hochschule der Medien. Verfügbar unter: https://www.hdm-stuttgart.de/news/news20171121112005/Darstellung%20der%20Frau%20in%20der%20Werbung_Auszug.pdf (22.11.2021, 11:23 Uhr)

Frage 2: Ist es sexistisch, wenn nackte Körper in einer Werbung für Autos dargestellt werden?

Kommentar: Ja, laut dem Deutschen Werberat sollten in der kommerziellen Werbung vor allem „keine Aussagen oder Darstellungen verwendet werden, […] die mit übertrieben herausgestellter Nacktheit eine Herabwürdigung des Geschlechts vermitteln“. Hinzu kommt, dass nackte Körper keinen sachlichen Zusammenhang mit dem Produkt „Auto“ erkennen lassen.

Quelle

Deutscher Werberat (2014). Verhaltensregeln des Deutschen Werberats gegen Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen. Verfügbar unter: https://www.werberat.de/werbekodex/herabwuerdigung-diskriminierung (18.11.2021, 19:35 Uhr)

Frage 3: Werden Geschlechterklischees reproduziert, wenn die Kosmetik- und Textilwerbung sich grundsätzlich anders an Frauen als an Männer wendet?

Kommentar: Jein, laut Professorin Susanne Stark scheint Gender Marketing „immer dann sinnvoll […], wenn es auf physisch, sozial oder mental unterschiedliche Prädispositionen von Frauen und Männern eingeht, jedoch nicht wünschenswert, wenn Unterschiede konstruiert werden, die de facto nicht vorhanden sind“. Allerdings ist es benachteiligend, wenn etwa Menschen mit über- oder unterdurchschnittlicher Körperbehaarung oder Körpergröße keine Produkte für sich finden, die ihren ästhetischen Bedürfnissen bzw. den Anwendungserwartungen entsprechen. Da die Einteilung der Drogerien bisweilen ebenfalls in geschlechtsspezifische Bereiche erfolgt, kann es zu einer Belastung oder sogar Hindernis werden, wenn das gewünschte Produkt im „falschen“ Regal mit „falscher“ Farbe liegt.  Besonders problematisch erscheint es im Fall von Werbungen, die Kinder adressieren. Susanne Stark stellt unmissverständlich klar: „Eine Analyse von TV-Werbespots, zufällig in einer Woche in einem Kindersender aufgenommen, zeigt ein deutliches Bild: 77 % der Spots für Mädchen bezogen sich auf Themen von Haushalt, Pflege, Schönheit und Märchenwelten; weiche Schnitte, Harmonie und Pastelltöne waren die vorherrschenden Gestaltungsmittel, 44 % der Adjektive erstreckten sich auf niedlich, schön, verzaubert, modisch, süß“. Das sind die Erlebniswelten, die den Spielraum von Mädchen in der Werbung begrenzen.

Quelle

Stark, Susanne (2019). Gender Marketing – zielgruppengerechte Angebote oder umsatzstarke Vermarktung von Geschlecht? Journal Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW Nr. 45/2019. Verfügbar unter: https://duepublico2.uni-due.de/servlets/MCRFileNodeServlet/duepublico_derivate_00071800/Journal_Netzwerk_FGF_45_45.pdf (18.11. 2021, 20.00 Uhr)

Frage 4: Ist es sexistisch, wenn sexuelle Belästigung, Bodyshaming oder geschlechtliche Diskriminierung als Thema für Frauen abgestempelt wird?

Kommentar: Ja, Verhaltensweisen und Darstellungen leben von Interaktion aller Geschlechter. Dadurch, dass alle Geschlechter beteiligt sind, tragen sie alle zur Entstehung benachteiligender Situation. Zu behaupten, dies sei nur das Anliegen von Frauen, reproduziert klischeehafte Vorstellungen von Geschlechterkategorien und -verhältnissen. Zugleich wird damit geleugnet, dass Sexismus ein gesamtgesellschaftliches Problem ist. 

Frage 5: Wird eine Hierarchie der Geschlechter reproduziert, wenn Frauen und Mädchen in Medien keine aktiven Rollen spielen?

Kommentar: Ja, der sogenannte Bechdel-Test aus den USA lässt anhand von drei Fragen erkennen, ob die sexistischen Geschlechterklischees vorhanden sind: Gibt es mindestens zwei Frauenrollen? Sprechen sie miteinander? Unterhalten sie sich über etwas anderes als einen Mann? Das Institut für Medienforschung der Universität Rostock belegt in regelmäßigen Untersuchungen, dass weibliche Figuren nach wie vor deutlich seltener für zentrale Rollen in deutschen Fernsehserien beziehungsweise Stream-Serien gewählt werden. 2020 waren 35 Prozent der zentralen Filmrollen in deutschen Produktionen weiblich.  

Quelle:

O.V. (2020). Frauen sind unterrepräsentiert: ZDF, NRW-Filmstiftung und MaLisa Stiftung stellen neue Studie der Uni Rostock zu Streaming-Serien vor. Verfügbar unter: https://www.imf.uni-rostock.de/institut/aktuelles/aktuelles/detailansicht-der-news/n/frauen-sind-unterrepraesentiert-77541/ (18.11.2020, 18:46 Uhr)

https://bechdeltest.com (18.11.2021, 18:46 Uhr)

Frage 6: Werden Geschlechterstereotype vermittelt, wenn Menstruationsprodukte in Werbespots als Frauenprodukte inszeniert werden? 

Kommentar: Jein. Die meisten Nutzer:innen dieser Produkte identifizieren sich als weiblich. Nicht alle Konsument:innen sind allerdings mit der Darstellung und Gestaltung dieser Produkte einverstanden oder werden davon angesprochen. Trans*männer, die während ihrer Transition weiterhin auf solche Hygieneprodukte angewiesen sind, können es als belastend wahrnehmen, Produkte verwenden zu müssen, deren Inszenierung ihr Geschlecht ausschließt.