Auf diesem Plakat für eine Biermarke sind eine Frau und ein Mann abgebildet, die an einem windigen Abend am Meer stehen. Das Meer übt eine besondere Wirkung auf den Menschen aus. So kann es nicht nur als Symbol für Unendlichkeit und Bedrohlichkeit stehen, sondern auch für den Reiz, sich einer übermächtigen Gewalt entgegenzustellen. Der Strand hingegen übt eine andere Anziehungskraft auf den Menschen aus. Mit ihm verbindet man Sommerurlaub, Freiheit oder Romantik. Bei den abgebildeten Personen könnte es sich um ein Liebes- oder Ehepaar handeln, die einen Spaziergang während des Sonnenunterganges machen. Obwohl die beiden nicht weit voneinander weg stehen, ist eine Verbindung oder Zusammengehörigkeit zwischen ihnen nicht direkt zu erkennen, denn sie stehen einander nicht zugewandt. Vielmehr ist zu erkennen, dass die Frau in die Richtung des Mannes zu blicken scheint und einen nachdenklichen Eindruck macht. Dieser jedoch schaut mit konzentriertem Blick hinauf auf das Meer. Auffällig ist hierbei auch, dass die Frau zwar mehr Raum auf dem Bild einnimmt, aber nur unscharf erkennbar ist und mit dem Rücken zum Betrachter platziert ist. Der Fokus liegt eher auf dem in Ufernähe stehenden Mann.
Diese Art der Zweiteilung ist in der Werbung nicht unüblich. Der männliche Körper nimmt oftmals im Vergleich zum weiblichen eine dominantere und hervorgehobenere Stellung ein. Daneben ist Männlichkeit vermehrt mit direkter Handlung, Weiblichkeit eher mit Untätigkeit verknüpft. Die Frau nimmt die Rolle einer Zuschauerin an, deren Blick sich innerhalb des Aktionsradius des Mannes beschränkt, während dieser scheinbar das ganze Geschehen im Überblick behält.
Achtet man nun genau auf die Körperhaltung des Mannes und den Gegenstand in seiner Hand, könnte es sich um die Absicht handeln, einen Stein über das Wasser hüpfen zu lassen. Wird man sich den Voraussetzungen dafür bewusst, scheint es, als wolle der Mann seiner Begleiterin imponieren und sein Geschick zur Schau stellen, während er versucht sich gegen die Natur zu behaupten.
Zusammen mit dem Werbetext „Zeig allen, wo’s langgeht. Zum Strand.“, lässt sich nicht nur eine Verbindung mit dem Leuchtturm als Symbol der Orientierung und eines Wegweisers herstellen, sondern auch zu dominantem Verhalten, was sich in der Körperhaltung des Mannes widerspiegelt. Mit einer insgesamt sehr persönlichen Kund:innenansprache und der Verwendung von Umgangssprache, will die Marke nicht nur jüngere Konsument:innen ansprechen, sondern auch ein modernes und aufgeschlossenes Image nach außen hin vermitteln. Mit dem Werbeslogan „das Leben ruft“, lässt sich der Kreis schließen, indem ein unabhängiges und von Freiheit geprägtes Lebensgefühl angesprochen wird, was sich in der Kulisse des Meeres und dem Auftreten des Mannes wiederfinden lässt. Die Frau übernimmt dabei nur eine Nebenrolle. Die Verbindung des Strandes zur Romantik lässt sich in diesem Fall nicht herstellen.
Autor:in: K. Sabin