Werbeplakat von Bauhaus mit dem Titel "Jetzt Gartenverkauf für ALLE Kunden geöffnet!"

Angeberei und Ausgelassenheit im Sommer

Technik
Werbeplakat von Bauhaus mit dem Titel "Jetzt Gartenverkauf für ALLE Kunden geöffnet!"
Werbeplakat von Bauhaus mit Planimetrielinien mit dem Titel "Jetzt Gartenverkauf für ALLE Kunden geöffnet!"

Mit dem Plakat lassen sich Eindrücke von Spaß, Vergnügen, Tanz und Bewegung, Sommer, Leichtigkeit und Losgelöstheit verbinden. Es besteht aus zwei verschiedenen Bildern, die nebeneinander abgedruckt sind. Auf beiden Fotos steht jeweils eine Person fast zentral im Fokus der Aufmerksamkeit. Alle Models sind schätzungsweise zwischen 20 und 30 Jahren alt. Der Mann trägt nur eine Badehose und surft auf seinem Surfboard durch einen Swimmingpool mit aufgewirbeltem Wasser. Er ist sportlich und muskulös gebaut. Im Hintergrund steht eine schlanke Frau in einem Sommerkleid, filmt ihn mit ihrem Smartphone und scheint ihn anzufeuern. Auf dem rechten Bild tanzt eine Frau mit etwas kräftiger Figur vor einem Grill. Sie trägt Kopfhörer um den Hals, ein Hawaii-Hemd und hat die Augen geschlossen, während sie mit einer Hand den Grill bedient.

Beide Fotos vermitteln die Idealvorstellung eines Urlaubsgefühls. Die Frau auf dem linken Bild hat hauptsächlich die Rolle eines Cheerleaders inne, die den Sportler anfeuert. In ihrer Darstellung entspricht sie der typischen Charakterisierung weiblicher Werbemodels, mit langen Haaren, gut sichtbaren glatten Beinen und der Selbstberührung durch ihre eigene Hand am Gesicht. Obwohl sie begeistert zu sein scheint, bleibt ihre Pose noch feminin zurückhaltend.

Der Surfer im Vordergrund hingegen präsentiert sich ganz der Kamera. Sein aktives, sportliches Verhalten und der athletische Körperbau entsprechen idealisierten männlichen Werten. Seine Beine sind unrasiert, wodurch sich vor allem im Vergleich zu der Frau im Hintergrund ein Kontrast im Schönheitsideal für Männer und Frauen zeigt. Er hat kurze Haare. Seine Badehose und das Surfbrett entsprechen Farben, die männlich codiert sind. Dadurch, dass sein halbnackter Körper direkt dem Publikum präsentiert wird, erfährt er eine Objektifizierung. Da er durch seinen herausfordernden, angeberischen Blick direkt mit dem Publikum interagiert, ist er jedoch nicht passiv, sondern sich der Aufmerksamkeit bewusst und scheint diese sogar zu erwünschen.

Im Gegensatz dazu verhält es sich bei der Frau auf dem rechten Bild. Sie scheint sich des Werbepublikums überhaupt nicht bewusst zu sein. Ihr Gesicht blickt in Richtung des Surfers, obwohl sich beide nicht im selben Umfeld befinden. Sie konzentriert sich ganz auf sich selbst und die vermeintliche Musik, die aus ihren Kopfhörern kommt. In dieser Pose ließe sie sich in einem Club oder auf einer Party am Mischpult verorten.

Abgesehen von den langen Haaren und den feinen Gesichtszügen entspricht sie nicht den typisch weiblichen Darstellungsweisen. Die Farbe ihrer Kleidung ist männlich codiert, was allerdings durch die Blüten etwas neutralisiert wird. Ihre lässige Frisur lässt darauf schließen, dass sie keinen Wert auf ihr Aussehen gelegt hat. Sie scheint im Hier und Jetzt für sich zu leben – anders als dem Surfer, dem die Bestätigung von Außenstehenden wichtig ist. Bei der Tätigkeit am Grill handelt es sich um eine oft als maskulin inszenierte Aufgabe, die hier aber von einem weiblichen Modellausgeführt wird, welche dafür nicht auffällig feminin inszeniert ist. Während der Mann im linken Bild das Wasser aufwirbelt, steigt auf der rechten Seite noch nicht einmal Rauch auf und die Situation wirkt sauber und stellt viel weniger Action zur Schau.

Der Werbetext weist auf die Öffnung des Gartenverkaufes für alle Kund:innen hin und deutet verschiedene Einkaufsmöglichkeiten an. Die möglichen Angebote werden durch die Fotos illustriert und gleichzeitig wird die Freude an dem eigenen Garten in den Vordergrund gerückt. Die Personen beider Bilder scheinen in ihrer Handlung besser in andere Situationen zu passen: Die anfeuernde Frau zu einer Sportveranstaltung, der surfende Mann ans Meer und die grillende Frau auf eine Party an das Mischpult. Damit wird die Vielfalt der eigenen Gartengestaltung repräsentiert. Der aktivste Part bleibt dem männlichen Model vorbehalten, die Frau im Hintergrund dient nur zu seinem Ansporn. Auf der rechten Seite wird eine Frau dargestellt, die kaum den typischen Werbedarstellungen von Weiblichkeit entspricht und unbeschwerte Lockerheit verbildlicht. Zwar wird der Mann geschlechtsspezifisch als jugendlicher Angeber inszeniert, doch die andere Plakathälfte zeigt ein Bild, das sich von klischeehaften Darstellungsweisen zu einem großen Teil löst.

Autor:in: S. Schulze