Werbeplakat von Bauhaus mit dem Titel "Zuhause fühlen wie noch nie!"

Im Garten zwischen Modenschau und Spöttelei

Technik
Werbeplakat von Bauhaus mit dem Titel "Zuhause fühlen wie noch nie!"
Werbeplakat von Bauhaus mit Planimetrielinien mit dem Titel "Zuhause fühlen wie noch nie!"

Das Plakat lässt sich mit Gedanken an Freude, Spaß, Albernheit, Sommer und Natur in Verbindung bringen. Es setzt sich aus zwei Teilbildern zusammen. In jedem der beiden Bilder steht jeweils das Model im Mittelpunkt. Auf dem linken Bild ist eine junge Frau zu sehen, die vor in Töpfen eingepflanzten Zypressen posiert und sich dabei selbst fotografiert. Ihr helles, gelbes Oberteil hebt sich von den dunklen Bäumen ab und die Farbe findet sich in einer Blüte wieder, die nah vor der Linse der Werbekamera herabhängt und dadurch aussieht, als gehöre sie zu der Kleidung der Frau. Auf der rechten Seite steht ein Mann mittleren Alters in einem grünen, gepflegten Garten, dert zwei Gartenschläuche in seinen Händen hält. Er trägt ein schmutzig wirkendes Hemd und schaut den Zuschauer:innen entgegen, während er das Gesicht zu einer amüsierten Grimasse verzieht.

Vor allem das weibliche Modell wirkt vor den hohen Topfpflanzen und hinter der riesig erscheinenden Blüte so, als sei sie einem Märchen entsprungen. Zu dieser feenhaften Szenerie gehört auch ihre Darstellung in Anlehnung an klassische weibliche Schönheitsideale. Sie ist jung, schlank und ihre Haut ist ebenmäßig und glatt. Ihre langen Haare sind zu einem Zopf geflochten, ihre Kleidung wirkt durch die Verzierungen verspielt und jugendlich. Ihre in die Hüfte gestemmte Hand entspricht einer Selbstberührung, wie sie bei der Darstellung weiblicher Models in Werbungen häufig genutzt wird. Die Blume lässt ihr Outfit wie ein Kleid aussehen Ihr Aussehen ist der zentrale Bildinhalt, den sie auch selbst mit ihrem Handy festhält. Ihre Kleidung ist völlig sauber und macht nicht den Eindruck, als hätte sie Gartenarbeit ausgeführt oder würde dies planen.

Davon unterscheidet sich das Modell auf der rechten Bildseite. Sein Hemd ist leicht geknittert und hat schwach erkennbare Schmutzflecken, die darauf hinweisen, dass er im Garten schon seit einiger Zeit beschäftigt ist. Der Strohhut wirkt nicht ganz ernstgemeint, bietet aber gleichzeitig einen praktischen Sonnenschutz. Ebenso praktisch ist der Gürtel, den er an seiner Hose trägt und der Halterungen für die Schläuche bietet. Der Mann ist nicht mit seinem Smartphone und seinem Aussehen beschäftigt, sondern kümmert sich offensichtlich um den Garten, hat dabei aber auch sehr viel Spaß. Er scheint sich selbst nicht ernst zu nehmen, wie sich nicht nur an dem Hut, sondern auch an seiner herausfordernden Grimasse zeigt. Obwohl das mittlere Alter von Männern häufig mit Erfahrung und Professionalität verknüpft wird, zeigt er sich jugendlich verspielt. Seine schlanke Figur und die breiten Arme lassen darauf schließen, dass er körperlich aktiv ist. Dadurch verkörpert er auch die gesellschaftlich relevante Zuschreibung männlicher Stärke. Seine Kleidung ist farblich ebenfalls maskulin codiert. Seine kurzen Haare und Bartstoppeln entsprechen typischen Darstellungsmustern des männlichen Geschlechts.

Die Gartenschläuche verwendet er spielerisch als Waffenersatz und droht scherzhaft den Zuschauer:innen. Es wirkt, als wolle er diese herausfordern. Diese Darstellung als immer bereit für den körperlichen Wettkampf ist ebenfalls ein Muster der Inszenierung von Männlichkeit.

Der Werbetext auf dem Plakat deutet darauf hin, dass es sich bei den gezeigten Gärten um das eigene Zuhause handelt, in welchem sich die Bewohner:innen besonders wohl fühlen. Beide Szenen auf den Bildern finden in einem solchen Garten statt, doch sie stehen in starkem Kontrast zueinander. Das weibliche Modell legt ganz nach weiblichem Klischee viel Wert auf ihr Aussehen und nutzt den Garten als Hintergrund für ihre Selbstdarstellung, bei welcher sie ihre modisch wirkende Kleidung zur Schau stellt. Ihre Rolle ist die eines Dekorationsobjektes, zu dem sie sich auch selbst macht. Das männliche Modell hingegen führt offensichtlich Gartenarbeiten aus, doch er nimmt sich dabei nicht ernst. Seine Charakterisierung schwankt zwischen Männlichkeit und jungenhafter, provokanter Verspieltheit. Obwohl er körperlich aktive Arbeit ausführt, scheint er noch eine weitere Herausforderung zu suchen.

Autor:in: S. Schulze